Im Foyer des Hoppegartener Rathauses
© Edgar Nemschok
„Vater und Sohn“ – Geschichten von Damals bis Heute
53. Vernissage im Rathaus Hoppegarten der Gruppe Mach Art des Hönower Bürgervereins
Hans Falladas Nachruf auf seinen Freund: „Dieser Mann den die Welt kennt, es ist der Zeichner e.o.plauen, mit seinem bürgerlichen Namen Erich Ohser geheißen, stammend aber aus der sächsischen Stadt Plauen. Ein Mann wie ein Kind, ein Elefant, der seiltanzen konnte, vielleicht am berühmtesten geworden durch seine bissigen Karikaturen in der Wochenzeitschrift, unvergesslich aber allen Kinder- und Elternherzen durch seine Bildergeschichten vom Vater und Sohn … “ Er traf auch den schriftstellernden Studenten Erich Kästner, mit dem er bis an sein Lebensende befreundet blieb. „Ohser zeichnete, ich schrieb, was das Zeug hielt. Und alles geschah in einer rebellischen Munterkeit", notierte Kästner.
Er hatte über die Nazis gelästert und kam seinem Todesurteil zuvor: Vor 81 Jahren erhängte sich Erich Ohser im Gefängnis. Der Zeichner der „Vater und Sohn"-Bildgeschichten verachtete das Regime - und arbeitete doch für Goebbels. 6. April 1944 um sechs Uhr morgens – wählte der Zeichner den Suizid aus Angst vor dem sicheren Tod. Am nächsten Morgen um neun Uhr wäre Erich Ohser, angeklagt wegen „Wehrkraftzersetzung" und „landesverräterischer Feindbegünstigung", dem Volksgerichtshof vorgeführt worden. Ihn erwartete das Todesurteil durch den berüchtigten Strafrichter Roland Freisler. „Ich zeichne gegen die Alliierten – und nicht für die Nationalsozialisten" – so rechtfertigte Ohser gegenüber seinem Freund, dem Schriftsteller Hans Fallada, seine verstörenden Karikaturen der Vierzigerjahre. Er zeichnete Russland als mordlustige Bärenbestie, Amerika als schmierig-gierigen Kapitalisten, England als blutrünstigen Kolonialherren - kaum zu glauben, dass derselbe Mann der Welt die berührenden „Vater und Sohn"-Bildgeschichten schenkte.
Und genau diese Bildgeschichten, obwohl schon alt, aber immer noch bissig und aktuell, sind in der aktuellen Rathausgalerie in Hoppegarten derzeit zu sehen. Raymund Stolze zeichnete in seiner inzwischen 53. Vernissagen-Laudation ein ansprechendes Bild des Künstlers und dessen Leben. „Das war nur mit der Unterstützung von Sarah Kühnel, Interimsleiterin des Erich-Ohser-Hauses mit Galerie möglich, die uns die Werke des Künstlers für unsere Galerie zur Verfügung stellte“, dankte Stolze.
Wer nun ins Rathaus kommt, sollte ein wenig mehr Zeit einplanen, um sich dort alles genau anzusehen. Das ist sicherlich auch für Rathausmitarbeiter und Gemeindevertreter interessant, die es offensichtlich wiedereinmal nicht geschafft hatten, bei der Vernissage am Mittwochnachmittag dabei zu sein und den beiden Machern – Dr. Gabriele Stolze und Raymund Stolze von der Gruppe Mach Art im Hönower Bürgerverein – die überaus verdiente Aufmerksamkeit und Anerkennung zu schenken.
Die Ausstellung läuft noch bis 15. Januar 2026
Textquelle: Irina Voigt
Datum: 23.10.2025
Interessiertes Publikum
© Edgar Nemschok
Wie immer gab es ein hochwertiges Begleitheft
© Edgar Nemschok
Dieser Artikel wurde erstellt durch:
Redaktionsbüro reisereste.de
Edgar Nemschok
Redakteur
